Negativnachrichten und Berichte über Katastrophen und Schreckensszenarien scheinen auf uns eine regelrechte Faszination auszuüben. Die psychosomatische Medizin hat dafür einen Namen: Doomscrolling, zusammengesetzt aus dem englischen Wort „doom“, das zu übersetzen ist mit „Schicksal“, „Verderben“, „Verhängnis“ und dem Wort „scrolling“. Wir schieben also eine Schicksalsnachricht nach der anderen über den Handy- oder Fernsehbildschirm.
Dabei ist dieses Phänomen nicht erst in Zeiten von Social Media entstanden, sondern war bereits in den 70er Jahren bekannt, damals noch unter dem Nomina Medica Begriff „Sad World Syndrom“. Natürlich laufen wir aber gerade in Zeiten sozialer Netzwerke Gefahr, durch das längere Verweilen auf entsprechenden Berichten, den Algorithmus so zu programmieren, dass wir stetig mit weiteren Negativschlagzeilen konfrontiert werden.
Doch was genau steckt hinter diesem unaufhörlichen Drang nach dem Konsum von schlechten Nachrichten, den manche Menschen trotz des Wissens um den belastenden und deprimierenden Beigeschmack geradezu exzessiv betreiben?
Es wurde uns buchstäblich in die Wiege gelegt. Momente, die wir als angenehm empfinden und in denen wir uns glücklich fühlen, werden von der Natur als wenig bedeutsam eingestuft. Das mag hart klingen, doch für die Evolution bringen solche Positiverlebnisse keinen Mehrwert. Sie signalisieren, dass es hier gerade nicht mehr zu erreichen gibt und wir uns auch nicht in einer Gefahrenlage befinden.
Schlechte Nachrichten hingegen signalisieren dem Unterbewusstsein im übertragenen Sinn, dass wir uns womöglich in Gefahr befinden könnten. Dies steigert unsere Aufmerksamkeit und aktiviert unser Fight and Flight System. Die Freisetzung von Adrenalin durch diese Sympathikusreaktion scheint so manche und manchen geradezu süchtig zu machen nach weiteren „Bad News“.
Doch irgendwann verlieren Individuen, die dem Doomscrolling verfallen sind, die Fähigkeit, auch die guten Seiten des Lebens wahrzunehmen. Mehr noch, die exzessive Suche nach Gewalt, Katastrophen und Terror führt sie in einen regelrechten Teufelskreis, einen Circulus vitiosus, der im schlimmsten Fall zu Angstzuständen, Depressionen und einem Gefühl der Hilflosigkeit führen kann. Das Konsumieren von belastenden Inhalten vor dem Schlafengehen kann zudem die Schlafqualität negativ beeinträchtigen.
Gerade in Zeiten von „Fake News“, die insbesondere durch Phänomene wie das Doomscrolling gepusht werden, ist es umso bedeutender, das eigene Konsumverhalten in Bezug auf negative Medieninhalte zu hinterfragen und gegebenenfalls gegenzusteuern. Die sorgsame Auswahl von Nachrichtenquellen und eine bewusste Mediennutzung mit festen Zeiten können dabei Schritte in die richtige Richtung sein. Zudem sollte man gezielt den eigenen Fokus auf positive Inhalte lenken und aktiv nach inspirierenden Geschichten Ausschau halten.
Indem wir achtsam mit Informationen umgehen, können wir unser Wohlbefinden fördern und die Kontrolle über unseren Nachrichtenkonsum zurückgewinnen.
Weitere Informationen zum Thema Doomscrolling finden Sie auch in unserem Studiengang aus dem Bereich der Medizinischen Psychologie ´ Patientin, Patient, Tierbesitzerin, Tierbesitzer, Therapeutin, Therapeut Medizinische Psychologie`.
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